Über das Anatomische Zeichnen

Ich gebe jeden Freitag 6 Stunden Unterricht im Anatomischen Zeichnen an der AdBK München.
Mit meinen Studenten mache ich in einem Semester eine Reise durch den gesamten Körper.
Unser Gepäck besteht aus Stiften und Papier. Von Kopf bis Fuß sagen wir Hallo zu Knochen und Gelenken.
Wir schauen uns diese von allen Seiten an und hinterfragen wozu sie gut sind.
Was können die denn überhaupt, so wie die aussehen? Form und Funktion gehen Hand in Hand die Straße des Verstandes entlang, dem Ziel, der Erkenntniss entgegen.

Das Skelett aus Knochen und Gelenken ist das bewegliche Gestell unserer Erscheinung. An ihm hängen, drücken und ziehen die Arbeiter, die Muskeln, versorgt mit Energie, welche über Schläuche, Röhren und Kanäle aus den Kraftwerken Herz, Lunge und Magen/Darm gespeist werden.

Diese Muskeln können sich geschmeidig und anmutig in harmonischem Reigen mit dem Skelett in einer Symphonie aus Takt und Rhytmus zeigen und bewegen oder plump an ihnen herumhängen und -baumeln oder steif abspreizen.....

Mein Antrieb im Studium der Anatomie war ursprünglich der Wunsch meine erotischen und krotesken Fantasien in plastischer Form ausdrücken zu können, fähig zu sein wie Heronymus Bosch zu kreieren, Kreaturen, Menschen, Tiere zu erschaffen, deren Anblick berührt.
Mittlerweile verstehe ich die Bildnisse der Antike auf einer ganz anderen Ebene. Für mich sprechen die Skulpturen durch ihre unmittelbare, anatomische Form direkt und nicht durch die Aktion in welcher sie ebengrad dargestellt und festgehalten sind – Kämpfer, Götter, Venus und Adonis.
Die größte Anstrengung für die Lernenden bereitet es die räumliche Tiefe des Körpers zu begreifen und Muskeln, welche in mehreren Schichten übereinender liegen sinnvoll zur formal-funktionellen Einheit zu bringen.

Mein Kurse sind einerseits aufeinender aufbauend, jedoch gibt es immer Wiederholungen und das Zeichnen will ja auch erst einmal gelernt sein und da ist es völlig egal was ich zeichne.

Solange ich gegenständlich und räumlich zeichnen will, ist es unerheblich, ob ich mich mit Stilleben, Landschaft, Figur oder Architektur auseinandersetze. All dies ist dreidimensionaler Raum, dessen Darstellung auf der zweidimensionalen Bildfläche den Gesetzen von Perspektive, Proportion, Licht und Schatten unterliegt.
Und diese Gesetz gelten sowohl im Makro- als auch im Mikrokosmos. Das muß aber auch klar sein bzw. den Schülern vermittelt und bewusst gemacht werden. Solange ich den Raum nicht verstehe kann ich mit noch so schönen Strichen und Schraffuren die Oberflächen gestalten, die Zeichnung bleibt unbefriedigend.

Ich habe derzeit ca 15 Teilnehmer im Kurs, Studenten und Externe, Junge und Alte und einige kommen seit Jahren zu mir. Etliche wollen Anatomie verstehen und anwenden, andere nur schöne Bilder zeichnen. Wir sollten auch eine Neue Sicht des und auf den Menschen einbeziehen, welche von Wertschätzung und Achtsamkeit geprägt ist.

Und all dies gilt natürlich auch für die Tiere, deren Anatomie ich auch unterrichte.

Das Ganze ist jedoch mehr als die Summe seiner Einzelteile. Man muß auch den richtigen Schwung in den Stift geben.....


Ein Einblick in die Thematik


Anatomisches Zeichnen, AdBK München